Leben, wo andere Urlaub machen“ ist ein beliebter Spruch, den ich oft gehört habe, vor allem hier am Edersee.
Nie hätte ich gedacht, dass dieser Spruch sich auch in „Reisen, wo andere Urlaub machen“ umwandeln könnte. Klar hatte ich auch früher vieles in der Nähe erkundet, das waren aber Entspannungsspaziergänge, wenn es keine Zeit für etwas Besseres oder Längeres gab. Eher etwas wie: raus gehen, um nicht drinnen zu bleiben.
In den letzten zwei Jahren haben wir aber gezwungenermaßen wieder die Freude des wohnortnahen Reisens entdeckt. Die großen Weltreisen wurden zu kleinen Entdeckungsreisen, die langen Flüge und Fahrten wurden zu langen Spaziergängen, und die lebhaften Städte wurden durch ruhige Wälder ersetzt.
Was wir früher kaum beachtet haben, wurde plötzlich mit überraschten Augen wahrgenommen. Oft war die Frage zu hören: „Warum habe ich das noch nicht gesehen?“ Neue Sehenswürdigkeiten eroberten die vorderen Plätze der aktualisierten Liste der Reiseziele. Und zwar welche, die man in Minuten erreichen konnte, ohne Monate davor planen zu müssen. Man probierte auf einmal Freizeitaktivitäten, die man jahrelang vernachlässigt hatte oder nicht zu schätzen wusste – wie es eigentlich immer mit den Sachen passiert, die wir direkt vor der Tür haben. Von Waldbaden im Naturpark bis hin zum Schwimmen im Edersee. Von Bootsfahrten auf dem See bis hin zu Spaziergängen auf dem Seegrund. Von Veranstaltungen im Nachbardorf bis zum Erlernen einer Sportart im dorfeigenen Sportverein.
So haben wir entdeckt, wie vielseitig unsere Heimat ist. Und so ist auch ein Glücksgefühl entstanden, hier wohnen zu können. Man kann das auch lokaler Stolz nennen und man würde damit nicht falsch liegen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Orte, sondern auch auf die Menschen. Denn dadurch, dass wir mehr Zeit hausnah verbracht haben, haben wir auch die Menschen in der Nachbarschaft neu entdeckt. Wir haben gemeinsame Interessen gefunden, wir haben neue Gelegenheiten, uns zu treffen, erschaffen. Wir sind insgesamt kreativer geworden, was Freizeit angeht, und wir haben auch gelernt, dass man auch mit weniger Geld großartige Sachen erkunden und erleben kann. Und das Ganze auch noch nachhaltig, dadurch, dass man oft Zug, Fahrrad oder die eigenen zwei Füße statt Auto bevorzugt hat.
Auch wenn das Reiseverhalten sich durch die Aufhebung der Einschränkungen wieder in Richtung einer Entdeckung der weiten Welt bewegt, haben wir dank der letzten Jahre etwas gewonnen: Wir betrachten jetzt unsere Heimat mit neuen Augen. Sie ist interessanter und attraktiver geworden, und hier zu wohnen ist nicht mehr banal, sondern etwas Besonderes. Und das Wichtigste, was wir gelernt haben, ist, dass das Glück oft näher liegt, als man denkt.
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