Wer radeln kann, kann noch lange nicht Mountainbike fahren. Das will nämlich gelernt werden, und damit besonders Kiddies Spaß an gemeinsamen Outdoor-Touren entwickeln, gibt es in Willingen ein spezielles MTB-Streckennetz für Kinder. Unsere edlake-Familie hat es getestet.
„Habt ihr alles?“ fragt Sascha und zieht die Schiebetür des Autos zu. Paula und Anne sehen sich an und nicken. Klein-Theo hat dazu keine Meinung, denn er sitzt schon in seinem Kindersitz im hinteren Bereich von Annes Mountainbike und harrt der Dinge, die da kommen.
Kids MTB-Netz in Willingen
Seit Paula ihr eigenes Mountainbike hat, ist die Familie an vielen Wochenenden mit dem Rad unterwegs. An einer ausgewiesenen Mountainbike-Strecke hatten sie sich allerdings noch nicht probiert. Das Kids MTB-Netz klang deshalb sehr vielversprechend, und so startet unsere edlake Family an diesem sonnigen Samstagmorgen hoch motiviert an der Tourist-Information in Willingen.
Um die Sechsjährige nicht zu überfordern, wird vor Ort entschieden, mit der leichteren „Vogel“-Route zu starten, die im zweiten Streckenabschnitt mit höherem Anforderungsprofil parallel zum flotteren „Eichhörnchen“ verläuft. Paula wird also im Laufe der Strecke entscheiden, ob sie die Strecke auf dem einfacheren „blauen Vogel“ oder dem anspruchsvolleren „roten Vogel“ beenden will.

Seilbahn-Fahrt als Abenteuer
Erst einmal geht es jedoch in Richtung Hochheide, und zwar nicht mit dem Rad, sondern mit der Gondel. Durch die Nutzung der Ettelsberg-Seilbahn spart man sich anfangs die Höhenmeter, was gerade bei jüngeren Kindern dafür sorgt, dass sie motiviert in die eigentliche Tour durch die Hochheide starten. Außerdem ist die Kabinenfahrt mit Mountainbike und in voller Radfahrmontur schon ein Höhepunkt für sich.
Spielstation in der Heide
Es ist also nicht verwunderlich, dass die Kinder auf dem Landschaftsspielplatz unweit der Bergstation erst einmal überschüssige Energie loswerden wollen, bevor es an die Pedale geht. Hier bemerkt die Familie nun auch, dass Paula doch etwas im Auto vergessen hat, nämlich ihre Handschuhe. Da das jedoch jetzt nicht mehr zu ändern ist, geben Anne und Sascha schließlich das Signal zum Aufbruch, und das Viergespann macht sich auf den Weg.
Einstieg in die Strecke
Dem blauen „Vogel“-Symbol folgend, lassen sie Hochheideturm und Speicherbecken hinter sich und durchfahren den angrenzenden Wald auf einem breiten Schotterweg. Schon nach kurzer Zeit des entspannten Nebeneinanderfahrens erreichen sie den Rastplatz „Große Grube“, wo bereits viele Wanderer und Fahrradfahrer vor ihnen eingetroffen sind. Nach einer kleinen Stärkung geht es weiter auf der Strecke in Richtung des Knotenpunkts für die heutige Tour. An der Schutzhütte „Streit“ entscheidet sich jetzt, wie es weitergeht.
Du möchtest mehr über den „Goldenen Pfad“ erfahren?
Dann lies gerne unsere Titelstory aus der vergangenen Winterausgabe.

Entscheidung am Knotenpunkt
Wenn sie auf der blauen „Vogel“-Route bleiben, dann führt sie ihr Weg vorbei am Tretbecken „Am Waschkump“, welches sich unweit der berühmten Mühlenkopfschanze befindet. Die Mühlenkopfschanze ist dann der nächste Halt auf dem Weg, und schließlich führt die Strecke sie durch das Strycktal zurück nach Willingen. Die rote „Vogel“-Route führt sie durch die Hochheide zum Langenberg und dann über die andere Seite zurück ins Tal nach Willingen.
Im kurzen Gespräch entscheidet die Familie gemeinsam, dass Paula fit genug ist, um ab hier dem Streckenverlauf des „roten Vogels“ zu folgen. Und auch Brüderchen Theo scheint mit dieser Entscheidung sehr zufrieden, denn zwischendrin gluckst er vergnügt und zeigt auf alle möglichen Dinge.
Hoppeckequelle im Rothaargebirge
Nur ein paar Hundert Meter später ist es Zeit, sich ein wenig die Füße zu vertreten und den Kindern die Möglichkeit zum Rumplanschen zu geben. Inzwischen ist es relativ warm geworden und da kommt den vieren die Hoppeckequelle gerade recht. Nach einigen vergnügten Minuten und nassen Ärmeln und Schuhen geht es wieder auf die Räder, um sie im Fahrtwind zu trocknen.
Hier im Naturschutzgebiet „Neuer Hagen“ ändert sich jetzt auch der Untergrund und der Schotter weicht einem federnden Wald- und Wiesenboden. Aufwändiges Wurzelwerk kreuzt nun ihren staubigen Weg, und nicht nur bei Paula, sondern auch ihren Eltern ist nun Konzentration gefragt.

Hochheide in Niedersfeld
Doch allen drei Mountainbikern bereitet dieses Stück durch die Hochheide richtig Spaß, und nach einiger Zeit treffen sie plötzlich, aber nicht komplett unerwartet, auf einen alten Bekannten: das Märchenbuch vom „Goldenen Pfad“ (siehe Kasten). Bereits bei ihrem letzten Winterausflug in die Niedersfelder Hochheide hatten sie eine 5,4 km lange Achtsamkeitswanderung gemacht und die zehn interaktiven Stationen für gut befunden.
„Jetzt wäre es auch nicht mehr weit bis zur Hochheidehütte!“ ruft Anne und richtet den Blick auf Theo, der jetzt ein klein wenig unruhig wird. Sie entscheiden sich allerdings gegen den Abstecher zu ihrer Linken und folgen jetzt dem Verlauf des Fernwanderweges Rothaarsteig bis zum Gipfelkreuz des Langenbergs.
Höchster Berg in Nordrhein-Westfalen
Mit 843,50 Metern ist er der höchste Berg des Rothaargebirges und in Nordrhein-Westfalen. Anders als viele der anderen 800er in seiner näheren Umgebung besitzt er allerdings keinen Fernblick. Dafür jedoch eine der wunderbaren Rothaarsteig-Hängematten, die geradezu auf unsere Mountainbiker zu warten scheint.
Theo steht noch nicht auf eigenen Füßen, da hat Paula die Hängematte beansprucht und sich von ihrem langärmligen Trikot befreit: Ab sofort geht es mit kurzen Ärmeln weiter. Papa Sascha hält das für eine gute Idee und vollzieht ebenfalls einen Kleidungswechsel, während Mama Anne die Getränkeflaschen und das Obst auspackt.
Vor ihnen liegt nun der vielleicht spannendste Teil der Strecke: die Abfahrt in Richtung Willingen. Sie nehmen sich also die Zeit und sammeln ihre Kräfte, denn der beginnende Nachmittag soll noch eine spannende Fortsetzung bekommen.
edlake Tipp
Eine tolle Möglichkeit zur Einkehr in der Hochheide ist die sogenannte Hochheidehütte. Sie ist mit dem Auto nur von der nordrhein-westfälischen Seite über den Ort Niedersfeld zu erreichen. Wer allerdings auf der Etappe „roter Vogel / rotes Eichhörnchen“ unterwegs ist, hat sie vom Einstiegspunkt in den Rothaarsteig in nur wenigen Minuten erreicht. Mehr Informationen findet ihr hier:
hochheidehuette-niedersfeld.de
Abfahrt nach Willingen
Nach ihrem Eintrag ins Gipfelbuch werden dann alle Sachen eingepackt, und frisch gestärkt wird noch ein letztes Mal in die Pedale getreten. Wobei sich das Treten weitestgehend erübrigt, denn es geht inzwischen wirklich fast ausschließlich bergab.
Besonders das Tempo gilt es hier zu kontrollieren, nicht nur wegen anderer Radfahrer und Wanderer, sondern auch, weil einem sonst mal in der Kurve die Reifen weggehen. Und genau das passiert Paula schließlich, wenn auch nicht besonders schnell – doch ihre Handschuhe hätte sie jetzt gebrauchen können.
Volle Konzentration bergab
Die Ermahnungen von Mama Anne, mit ihnen auf einer Höhe zu bleiben, sind jetzt allerdings nicht mehr nötig, denn die Sechsjährige ist nach dieser kleinen Schrecksekunde 100 % bei der Sache. Vorbei an Liften fahrend, erspähen sie an verschiedenen Ecken Willingen im Tal, bevor sie dann wieder im nächsten Waldstück verschwinden.
An der Bergstation des Sessellifts Ritzhagen machen unsere Radler noch einmal eine letzte Schleife entlang der Landesgrenze und durch den Wald. Von hieraus hat man über die Schulter einen herrlichen Ausblick auf ihren Startpunkt am Hochheideturm auf dem Ettelsberg.
Spaß an der Sommerrodelbahn
Dann geht es auf die letzten Meter zum vorläufigen Ziel für den Nachmittag: der Freizeitwelt am Fuße des Ritzhagens. Nach einem wohlverdienten und eiskalten Getränk in der Ski- und Wanderhütte „Einkehrschwung“ geht es für Sascha und Paula auf die Sommerrodelbahn (sommerrodelbahn-willingen.de), die ebenfalls von der Familie Rummel betrieben wird.
Anne und Theo erkunden währenddessen den angrenzenden Spielplatz und die Holzkugelbahn, bevor sie den beiden anderen von der dazwischenliegenden Holzbrücke aus bei der zweiten Abfahrt zujubeln.

Leckeres Essen im Einkehrschwung
Dann ist es allerdings Zeit für eine große Portion Pommes. Bei diesem fantastischen Blick über die sommerliche Landschaft des Wintersport-Paradieses schmecken diese besonders gut. Um nicht direkt mit vollem Magen wieder aufs Rad zu steigen, dreht Paula mit ihrem Papa noch einmal eine weitere Tour über die Sommerrodelbahn.
Rückweg zum Ausgangspunkt
Dann heißt es allerdings: Aufbrechen! Nach nicht einmal 10 Minuten erreichen sie ihren Ausgangsort, die Tourist-Information an der Eishalle. Es ist inzwischen ruhiger geworden, und wie unsere Familie auch, sind viele Menschen inzwischen eingekehrt oder auf dem Rückweg von ihrem Wochenendausflug.
Das gegenüberliegende Lagunen-Erlebnisbad, welches ebenfalls ein beliebtes Ausflugsziel der Familie ist, befindet sich derzeit immer noch im Umbau – wenn auch inzwischen im fortgeschrittenen Stadium. Offiziell soll es im Herbst 2023 eröffnet werden, wir freuen uns darauf.
edlake Fazit: Wer seinen Kindern das Mountainbike fahren näherbringen und die wunderbare Natur rund um Willingen gemeinsam mit der ganzen Familie kennenlernen will, ist im Streckennetz für Kinder bestens aufgehoben. Das gilt übrigens auch für erwachsene MTB-Anfänger.
Wichtiger Hinweis
Aufgrund von aktuellen Baumaßnahmen im Bereich der Mühlenkopfschanze sind derzeit nicht alle Streckenabschnitte des Kids MTB-Netzes unter der Woche zu befahren.
Solltet ihr also eine Strecke auswählen, die in Teilen durch das Strycktal führt, solltet ihr auf das Wochenende ausweichen oder bis Anfang Oktober warten.
Die aktuellen Sperrungen stehen im Zusammenhang mit dem sogenannten »Skywalk«, eine über 650 Meter lange Hängebrücke, die derzeit dort über das Tal gespannt wird. Mehr Informationen dazu findet ihr hier:
skywalk-willingen.de