Zwischen Wildtierpark und Baumkronenweg liegt in unmittelbarer Nähe zum Ufer der Kletterwald Edersee. Ein wenig versteckt, aber jeden Abstecher wert. Wer luftige Höhen liebt, den Wald einmal neu erleben und seine persönlichen Grenzen erweitern will, für den ist der Hochseil-Parcours genau das Richtige. Begleitet uns auf ein abenteuerliches Klettererlebnis der besonderen Art.
Die Bäume im Kletterwald, nur wenige Meter vom Seeufer entfernt, sind älter als der Edersee selbst. Teilweise bis zu 140 Jahre haben die Buchen hier schon auf dem Boggel. Pardon – auf dem Buckel. Denn Boggel, so haben wir in der letzten edlake-Herbstausgabe gelernt, hat bis zum heutigen Tage ja noch niemand zu Gesicht bekommen. Doch wer weiß, vielleicht stehen die Chancen hier im Abenteuerwald ja besser als anderswo. Schließlich klettern, hangeln und balancieren die Besucher des Kletterwaldes Edersee in luftigen Höhen von bis zu elf Metern. Da gibt es so einiges zu entdecken.
edlake-Tipp
Kombiniert den Besuch
im Kletterwald am besten mit einem Abstecher
in den nahegelegenen
Wildtierpark:
Außerdem lohnt der Besuch des Baumkronenwegs direkt oberhalb des Kletterwaldes:
Ein Sinnesrausch
Auf der gegenüberliegenden Seeseite zum Beispiel thront Schloss Waldeck und ist von den zahlreichen Plattformen des Seilgartens gut zu erkennen. Doch inmitten des alten Baumbestandes, zwischen Stämmen und Kronen, oberhalb des steil ansteigenden Waldbodens, da vergisst man schnell, was weiter weg passiert. All die Reize, die hier oben auf die Sinne wirken, blenden das Draußen im Handumdrehen aus: Das dichte Rauschen des Blätterdachs, der Waldgeruch oder der Fokus auf das nächste Element im Seilgarten.
Schon von unten, nachdem man die 200 Meter vom Baumkronenweg in Richtung Seeufer zurückgelegt hat, sind die vielen verschiedenen Elemente gut zu erkennen, die sich wie ein kleines Baumhaus-Dorf an den Buchenstämmen entlangschlängeln. 40 Elemente sind es insgesamt. „Im Vergleich zu anderen Seilgärten eine relativ kleine Anlage“, wie Jürgen Böhmer, der Betreiber
des Kletterwaldes, sagt. „Große Anlagen haben bis zu 200 Elemente, das ist dann schon eine andere Dimension.“ Aber da klein bekanntermaßen nicht zwangsläufig schlecht bedeutet, vermisst man am Edersee nicht das Geringste. Vielmehr macht sich Staunen breit, wie schnell zwei bis drei Stunden verstreichen können, wagt man sich durch die Parcours. Fünf Stück sind es an der Zahl. Gestaffelt nach Schwierigkeitsgraden. Von „weiß“, dem Einführungsparcours, über „orange“, als mittelschweres Klettererlebnis, bis hin zu den längsten und schwierigsten Wipfelrouten „grün“ und „braun“. Wo man sich gerade im Parcours befindet, erklären Hinweistafeln an den Bäumen.

Eine Grenzerfahrung
Allen Strecken gemein ist die vielfältige Anordnung der verschiedenen Elemente. Neben den hölzernen Plattformen direkt an den Baumstämmen fallen zuerst die unzähligen Verbindungsstrecken dazwischen auf. So balanciert man über Drahtseile, hangelt sich über wacklige Reifen, steigt Leitern empor, hopst über Schaukeln, geht über hölzerne Hängebrücken oder tastet sich Schritt für Schritt über geflochtene Seile, so dick wie Oberschenkel. Allen Elementen gemein ist, dass sie Körper und Geist gleichermaßen fordern. Manches Mal sind starke Arme gefragt, dann wieder Beinkraft. Immer aber ein hohes Maß an Konzentration und motorisches Feingefühl. Ganz wichtig bei der eigenständigen Erkundung des Kletterparcours ist laut Jürgen Böhmer vor allem eines: „sich Zeit lassen, den Wald erleben und die eigenen Grenzen erweitern“.
Ein Mann – ein Baum
Und der Mann spricht aus Erfahrung. Er selbst betreibt den Kletterwald seit 2017, nachdem er aber bereits 2008 damit begann, am Edersee mitzuarbeiten. Zuvor war Jürgen freiberuflich immer wieder bundesweit für andere solcher Kletteranlagen tätig. Heute ist der Kletterwald seinen Aussagen zufolge in erster Linie „eine One- Man-Show“. Zwar unterstützen ihn in jeder Saison einige Helfer, doch der Löwenanteil steht und fällt mit Jürgen Böhmer. Ein Mann wie ein Baum, wenn man so will.
Und weil der Laubwald bekanntermaßen nur im Sommer sein grünes Blätterdach entfaltet, ist der Betrieb eines Kletterwaldes ein reines Saisongeschäft. Zwischen Ostern und teilweise bis in den November hinein ist der Seilgarten geöffnet; je nach Wetterlage selbstverständlich. In dieser Zeit sind Buchungen ausschließlich online unter kletterwald-edersee.de möglich. Dieses Reservierungssystem kam zwar erst mit Corona, aber da es der One-Man-Show Jürgen Böhmer eine unglaublich hohe Planungssicherheit verschafft, hat er es beibehalten.

Ein Abenteuer für jedermann
Die Idee der Seil- und Klettergärten kommt ursprünglich aus dem pädagogischen Bereich, weshalb so ein Hochseil-Abenteuer prinzipiell auch für jeden absolvierbar sein muss. Daher kann sich eigentlich jeder bis zu einem Körpergewicht von maximal 120 kg (plus Ausrüstung) seinen Weg durch den Parcours bahnen. Bei dieser Gewichtsangabe geht es aber eher darum, dass die Person im Falle eines Falles auch von Hilfskräften gerettet werden kann. Die Plattformen und Stahlseile im Kletterwald halten weit mehr Belastung aus.
Auf was nun aber im Detail zu achten ist, erfahren die abenteuerlustigen Besucher in der obligatorischen Sicherheitseinweisung vor dem Betreten des Parcours. Die nötige Ausrüstung wartet beim anschließenden Gang zur Materialhütte: Gurt, Helm, Sicherungsseil. Nach dieser ersten Proberunde ist jeder eingeladen, den Kletterwald eigenständig zu erleben. Vorschriften im klassischen Sinne gibt es keine. Elementar ist die korrekte Bedienung der beiden Sicherungskarabiner sowie die Beachtung der maximalen Personenzahl innerhalb des Parcours. Auf den Plattformen dürfen jeweils drei Personen stehen, auf den Elementen jeweils nur eine. Doch am Ende gilt: „Die Sicherungen sind nur Hilfsmittel. Wichtig ist, den Parcours eigenständig und eigenhändig zu erleben.“
Den Kletterwald am Edersee könnt ihr leicht finden:
Am Eschelsberg 1
34549 Edertal Hemfurth
Eine wasserdichte Wegbeschreibung dorthin ist auf der Homepage unter kletterwald-edersee.de hinterlegt.
Fragen bzgl. Terminvereinbarung
oder zu möglichen Team-Events könnt ihr am besten per E-Mail oder Telefon stellen:
Tel.: 01577 38 28 012
E-Mail: info@kletterwald-edersee.de
Eine sichere Sache
Dass das alles so reibungslos und für die Besucher sorgenfrei ablaufen kann, liegt an dem von Anfang an umgesetzten Qualitäts- und Sicherheitsniveau des Kletterwaldes. Absolut naturverträglich und gleichermaßen professionell installiert wurde die Anlage 2008 durch eine spezialisierte Fachfirma. Die tägliche Sichtprüfung sowie mehrfach in der Saison stattfindende Funktionsprüfungen obliegen zwar dem Betreiber einer solchen Anlage. Doch zusätzlich kontrolliert einmal pro Jahr der TÜV den Kletterwald und geht sicher, dass die Anlage der anerkannten Norm für Seilgärten entspricht.
Auch die Bäume selbst werden jährlich durch zwei Sachkundige inspiziert, um der Verkehrssicherungspflicht der Anlage nachzukommen. Gerade in Zeiten des sich verändernden Klimas eine wichtige Maßnahme. Aber noch ist „alles gut bei den Buchen“, so Jürgen Böhmer. „Die Bäume haben sich zwar in ihrer Vitalität den veränderten Bedingungen angepasst, was sich zum Beispiel in der Dichte des Blätterdachs widerspiegelt, aber von ihrer Kraft und Standfestigkeit haben sie nichts eingebüßt.“
Eine Frage der Fantasie
Vielleicht helfen hierbei ja auch die Boggel fleißig mit, die so eng verbunden mit dem Kellerwald sind. Wer weiß das schon? Jürgen Böhmer jedenfalls sprach davon, den Wald zu erleben und die eigenen Grenzen zu erweitern. Nun dann, erweitern wir die Grenzen unserer Fantasie und stellen uns vor, dass die Boggel seit Hunderten von Jahren für ihre Buchen sorgen und es uns ermöglicht haben, durch den Wald zu klettern. Wer kann aus elf Metern Höhe schon genau sagen, was Buchenkeimling und was Boggel ist, oder?!