Wie so etwas aussehen kann? Eine kleine Traditionsbäckerei aus Willingen macht es vor: Wir haben mit Bäckermeister und Brot-Sommelier Jan-Christian von der Heide gesprochen und ihn in der Backstube des Familienunternehmens besucht.
Über 150 Jahre Geschichte
Das Bäckerhandwerk liegt ihnen im Blut: Die Familie von der Heide ist seit Generationen fest in ihrer Heimat Willingen verwurzelt und betreibt dort seit über 150 Jahren ihren Betrieb.
Jan-Christian von der Heide ist bereits die 5. Generation von Bäckermeistern, die dafür sorgen, dass in den frühen Morgenstunden eines jeden Tages der Duft von frisch gebackenem Brot durch die Willinger Häusergassen zieht.
Dabei war es keinesfalls sicher, dass er die lange Tradition einmal weiterführen würde. „Ich habe mich eine Zeit lang verlaufen. Erst wollte ich im Forst Fuß fassen, habe dann aber Bürokaufmann gelernt“, erklärt er uns bei unserem Besuch.
Der heiße Kaffee dampft und die ersten Scheiben des leckeren Stollens sind vertilgt, als wir die Kamera fertig eingerichtet haben.
Vom Funken zum Feuer
„Ich wollte etwas mit meinen Händen machen und in der Backstube habe ich mich immer wohlgefühlt.“ Er berichtet, wie er als kleiner Junge schon fleißig unterstützte und den Bäckern beim Frühstück Gesellschaft leistete. „Und jetzt flitzt bereits die 6. Generation durch die Backstube“, verrät er.
Nachdem die Entscheidung gefallen war, ging alles ganz schnell. Mit Feuereifer kniete er sich in seine Ausbildung und konnte in unter drei Jahren nicht nur seinen Gesellen, sondern auch seinen Meister abschließen. Bereits in dieser Zeit wurde er auf die Zusatzqualifikation zum Brot-Sommelier aufmerksam. Als er diese schließlich zwei Jahre später absolvieren konnte, brannte er bereits für das Thema.
Den Funken hatte sein Vater bereits in jungen Jahren gesät, denn durch sein Engagement in unterschiedlichen Organisationen hielt er stetigen Kontakt mit Bäckerkollegen und brachte auch Backwerk aus anderen Backstuben mit nach Hause. Jan-Christian liebte es, diese mit seinem Vater zu verkosten und achtete auch in seiner Ausbildung darauf, immer über den Tellerrand zu schauen und sein Wissen zu erweitern. So arbeitete er in seiner Ausbildungszeit auch in anderen Bäckereien – unter anderem auch in Frankreich.
Die Beziehung zu Lebensmitteln
Auf die Frage, welche Beziehung er zu Brot, hat antwortet er grinsend: „Eine sehr innige Beziehung. Sogar leidenschaftlich, wenn ich das mal so sagen darf.“
Natürlich darf er!
Dass Brot seine Leidenschaft ist, merkt man spätestens bei einem Blick in die Online-Theke. Mit besten Zutaten, durchdachten Rezepturen und einer eigenen Geschichte stellen sich die Backwaren vor. Eine Empfehlung, was am besten zu der jeweiligen Brotsorte passt, gibt es auch, denn „Food-Pairing“ ist Jan-Christians Expertise.
Als Brot-Sommelier ist er immer auf der Suche nach der besten Kombination von Lebensmitteln und damit auf der Suche nach dem besten Geschmack. „Ein klassisches Beispiel wäre natürlich die Brotzeit mit Leberwurst und Bier“, erklärt er uns.
Bei von der Heides in Willingen ergänzen sich Brot und Bier jedoch nicht nur im Geschmack. Während es nämlich Jan-Christian – wenn auch über Umwege – ins Bäckerhandwerk zog, entschloss sich sein Bruder Erik, dem Getreide auf eine andere Art und Weise treu zu bleiben. Als Diplom-Biersommelier berät er die Gäste des Wirtshauses Linnekerlstube nicht nur kompetent am Glas, sondern es gibt sogar ein eigenes Bier mit dem selbsterklärenden Namen „Bäckes No.1“ aus dem Hause von der Heide.

Genusserlebnisse entstehen
Doch auch ein Traditionsunternehmen wie der Familienbetrieb von der Heide existiert nicht jenseits von Raum und Zeit. Ein übersättigter Markt an günstigen Backwaren und fehlender Nachwuchs in der Backstube motivierten sie schließlich zum Handeln und dem Entschluss, „kompromisslos“ auf hochwertige Produkte zu setzen.
„Unsere Innovation ist die Rückbesinnung auf Qualität“, liest es sich auf der Website des Unternehmens. Als zertifizierter Bio-Betrieb setzen sie inzwischen ausschließlich auf frische und regionale Produkte, sofern dies möglich ist. So arbeiten sie unter anderem mit der Upländer Bauernmolkerei zusammen, und auch die Bio-Mühle Eiling, aus der sie ihr Mehl beziehen, betreibt ihr Handwerk im angrenzenden Sauerland und verarbeitet Getreide von heimischen Feldern.
Ein Konzept, das aufgeht
Doch wie kann so etwas wirklich funktionieren … in Nordhessen, auf dem platten Land? Natürlich haben wir uns die Frage gestellt und Jan-Christian von der Heide hat sie uns beantwortet: online!
„Wir haben unser Geld statt in Filialen in den Ausbau unseres Versandgeschäfts gesteckt. Natürlich gibt es immer noch viele Hotels und Restaurants, die ihre Backwaren direkt von uns beziehen, aber wir haben keine klassische Filiale mehr!“ Neben der Gastronomie sind Feinkostläden die größten Abnehmer der Willinger „Genusserlebnisse“, und das in der Tat weltweit. Abu Dhabi, London, Paris … überall hier sind die Stollen und Brote aus dem Hause von der Heide zu finden.
„Natürlich kann aber auch ein Urlaubsgast, der unser Brot in seinem Hotel in Willingen gegessen hat, sich dieses nach Hause senden lassen.“ Der OnlineShop gourmetbrot.de steht Privatpersonen nämlich ebenso offen wie Geschäftskunden.
Stollen aus dem Stollen
Gerade zur jetzigen Jahreszeit spielt das Brot dort allerdings nur eine Nebenrolle. Der weißgepuderte Hauptdarsteller aus dem Hause von der Heide ist ihr Christ(inen)-Stollen. Das Besondere: Seit über 20 Jahren macht das Weihnachtsgebäck der Bäckerei einen mehrwöchigen Entspannungsurlaub im Schieferbergwerk, bevor es ihn in die Welt zieht.
Nur wenige Minuten von der heimischen Backstube befindet sich der Eingang der sogenannten Grube Christine. Als wir sie betreten, steigt uns schon ein Hauch des butterig-süßen Duftes in die Nase. „Der Stollen bietet die perfekten Bedingungen für die Lagerung. Hier herrscht eine konstante Temperatur von acht Grad Celsius und eine Luftfeuchtigkeit von circa 80 Prozent. Da fühlen sich die Stollen am wohlsten und werden so richtig schön mürbe!“
Essen sollte man ihn bei diesen Temperaturen jedoch nicht. Wie einen guten Rotwein genießt man ihn bei Zimmertemperatur, damit die darin enthaltene Butter ihren Geschmack entfalten kann und wirklich alle Aromen zur Geltung kommen.
Getreu ihrem Motto, werden die für ihre Stollen-Vielfalt verwendeten Zutaten lokal bezogen. „Das klappt natürlich nicht bei solchen Produkten wie Sultaninen oder Mandeln“, verrät von der Heide. „Aber wir lassen uns Proben der Rohstoffe vorab schicken und verkosten sie. Wir verarbeiten also wirklich nur die besten Zutaten.“
Wir bedanken uns bei Jan-Christian von der Heide für seine Zeit und die leckere Bewirtung!
Grube Christine in Willingen
Die Nutzung als Lagerstätte für den traditionellen Weihnachtsstollen der Familie von der Heide ist sicherlich der leckerste, aber nicht der einzige Verwendungszweck der Grube Christine. Seit den 1970er Jahren wird im Bergwerk kein Schiefer mehr abgebaut. Für Besucher und Interessierte der Bergbaugeschichte hat der Besucherstollen jedoch seither geöffnet. Neben einer klassischen Führung gibt es allerdings auch noch andere Wege, Willingens Unterwelt zu erleben: Entspannungssuchende finden Ruhe in der Meditation, Taucher das Abenteuer in den nassen Tiefen der gefluteten Sohlen und Heiratswillige den perfekten Ort für das zukunftsweisende „Ja“ in ihrem Leben. Mehr Informationen zur Grube und den dort angebotenen Aktivitäten findet ihr hier:
www.willingen.de/bergwerk
edlake Tipp
Wenn ihr jetzt Appetit bekommen habt und nicht spontan in ein Willinger Hotel einchecken wollt, können wir euch einen Besuch im Hauptgeschäft der Metzgerei Bernhard Tent in der Briloner Landstraße 29 in Korbach empfehlen. Hier könnt ihr montags bis samstags eine frische Auswahl an Backwaren aus dem Hause von der Heide genießen!
Und hier noch mal der Link zum Shop:
gourmetbrot.de